Von Andrea Fischer
Nicht, dass es noch eines Beweises bedurft hätte, dass Obamas Sieg etwas Großes und Besonderes war, man kann auch den fortwährenden Hinweisen darauf nicht entgehen. Die Freundin, Professorin an der Cornell-Universität, „betet jeden Zentimeter an, über den er geht“. Viele Autos und auch Gebäudefenster sind immer noch mit Aufklebern aus der Wahlkampagne geziert. Die Kirchengemeinde hat in ihrem monatlichen Gemeindebrief ein lesezeichen-ähnliches Zeichen eingelegt, das ein Bild von Obama schmückt und auf dessen Rückseite die wichtigen Daten im Leben des Präsidenten aufgedruckt sind. Und da ist noch der Laden mit Memorabilia, der vor seinen Schaufenstern eine Puppe mit einem Schlafanzug stehen hat, der über und über mit dem stilisierten Symbol der Wahlkampagne bedruckt ist.
In Union Stadion, dem Bahnhof von Washington, gibt es natürlich eine Vielzahl von Souvenirläden, alle fein ausgestattet und gestaltet. Da ist der Laden, der unter dem Titel „Capital Art“ Bilder anbietet, auch solche mit dem blühenden Kirschbäumen im Frühjahr rund um das Tidal Basin, einen kleinen See in der Nähe der National Mall, an dem die Memorials für Thomas Jefferson und Franklin Delano Roosevelt liegen. Aber vor allem bietet er eine Vielzahl von Bildern von Obama und seiner Familie an: er mit seiner Frau beim Inauguration-Ball, er mit seinen Kindern, und auch stilisiert in einem Superman-Kostüm.
Natürlich hat der Laden auch Bilder früherer Präsidenten im Angebot, nur Bush ist nicht dabei. Im Laden unter dem schönen Titel „Making History“ wird nicht nur mit vielen Büchern Obama gehuldigt, sondern machen verbilligte T-Shirts von Hillary Clitons Kampagne deutlich, wie schnell man Geschichte wird.
Alle großen Magazine haben Sonderausgaben aus Anlass der Amtsübernahme veröffentlicht, natürlich mit vielen klugen Artikeln, vor allem aber mit vielen Bildern. Das Magazin Newsweek veröffentlicht auch Stellungnahmen von vielen prominenten US-Bürgern, die damit sagen wollen, wie viel ihnen Obamas Wahl bedeutet. Der Schauspieler Sidney Poitier, der in den 60er Jahren zu einem der ersten Schwarzen mit großem Erfolg auf der Leinwand wurde, wird mit den Worten zitiert: „Obama bedeutet eine Welt, von der ich nie glaubte, sie würde kommen. Zumindest nicht eine, die ich selber erleben würde.“
Allgegenwärtige Unterstützung für Obama
Presidents´ Day, das ist ein nationaler Feiertag in den USA, gewidmet dem Gedächtnis zunächst der Präsidenten Washington und Lincoln, seit den 70er Jahren - dem Gedächtnis aller ehemaligen Präsidenten gewidmet. Heute hat eine Umfrage von CNN ergeben, dass Lincoln und Washington ganz oben im Gedächtnis der Nation sind, auf dem 35. Platz liegt am schlechtesten von allen modernen Präsidenten George W. Bush. Keine echte Überraschung.
Aus aktuellem Anlass wurde auch der ehemalige Präsident Clinton interviewt. Eine vorab besonders gern zitierte Passage ist seine Antwort auf die Frage, ob er sich jetzt als Hausmann sieht. Nein, sagt er, er sei zu calvinistisch als dass er nicht arbeiten gehen könne. Vor allem aber sagt er, dass die Amerikaner sicher Obama eine Zeit geben würden, damit sein Förderpaket wirken könne. Ein Jahr mindestens, so glaubt Clinton, wird die Bevölkerung Geduld haben mit der Hoffnung auf eine Erholung der Wirtschaft.
Clinton also ist sich sicher, dass Obama einigen Kredit in der Bevölkerung hat. Eine schlechte Nachricht für die Republikaner, die sich im PR-Krieg um die Deutungshoheit über das Gesetzespaket der Regierung weiter abmühen, dem nicht empörten Publikum zu erklären, warum die Maßnahmen ein „Diebstahl an künftigen Generationen“ sind. Vorerst haben sie diesen Kampf verloren. Ob das ein Omen für die künftigen Auseinandersetzungen ist? Auf jeden Fall wird es nicht leicht gegen ein solches Bild des Präsidenten.
Andrea Fischer, ehemalige Bundesministerin für Gesundheit, ist Kommunikationsberaterin und publizistisch tätig, unter anderem als Kolumnistin beim Berliner "Tagesspiegel" und der "Financial Times Deutschland".
- Sämtliche Beiträge zum „Diary of Change“ - Ein Tagebuch zum Wechsel in Washington
- 23.2.09 - Sebastian Gräfe: Guantanamo zu, alles gut? Von der Ankunft in der Realität
- 22.2.09 - Liane Schalatek: Die Immobilienkrise in Washingtons Vorstädten: politische Schwarzweißmalerei mit Grautönen
- 21.2.09 - Bernd Herrmann: Richmond, Virginia: Im Süden was Neues
- 20.2.09 - Andrea Fischer: Die ewige Krise des amerikanischen Rentensystems
- 19.2.09 - Bernd Herrmann: Michigan: Kann der Rostgürtel recycelt werden?
- 18.2.09 - Andrea Fischer: Carmaker’s nightmare continues – die Autoindustrie ganz unten
- 17.2.09 - Andrea Fischer: Next step ahead – health care reform
- 16.2.09 - Andrea Fischer: Presidents’ day – celebrating Obama
- 15.2.09 - Andrea Fischer: Bipartisanship – ein weltweiter Hit, kleingekocht
- 14.2.09 - Liane Schalatek: „My Funny Valentine"— Obamas kurze Liebesaffäre mit der neuen "Postparteilichkeit"
- 13.2.09 - Andrea Fischer: Eine realistische Chance
- 11.2.09 - Robert Habeck: Der Präsident als Bürger. Kleine Ikonografie der Obama-Rhetorik
- 10.2.09 - Robert Habeck: Mit voller Kraft ins Unbekannte
- 9.2.09 - Robert Habeck: Selbsterfüllende Prophezeiungen. Ein Kaffeegespräch
- 8.2.09 - Robert Habeck: Obama, ein sehr amerikanischer Präsident
- 7.2.09 - Robert Habeck: Das andere Washington: Anacostia
- 6.2.09 - Robert Habeck: Das Werkzeug der Manipulation
- 5.2.09 - Robert Habeck: Tom daschelt Obama
- 4.2.09 - Marcia Pally: Erlöser oder Präsident? Obamas Alternativen
- 3.2.09 - Marcia Pally: Die ungestellten Fragen zur US-Innen- und Außenpolitik
- 2.2.09 - Marcia Pally: Obama: Breaking news vom Wochenende
- 1.2.09 - Marcia Pally: Obama und die „Neuen Evangelikalen“
- 31.1.09 - Marcia Pally: Bildungsmisere bei den Republikanern
- 30.1.09 - Marcia Pally: Ausgewogenheit und Hermeneutik im Nahen Osten
- 29.1.09 - Marcia Pally: Die Wiederherstellung des Glaubens
- 28.1.09 - Michael Werz: Krise ohne Ende - das 20. Jahrhundert als Hypothek
- 27.1.09 - Michael Werz im Gespräch mit dem neokonservativen Publizisten Gary Schmitt
- 26.1.09 - Liane Schalatek: „Purpose“ statt „Purchase“- Obama versucht die Transformation der US-Gesellschaft vom Konsumismus zum Kommunitarismus
- 26.1.09 - Michael Werz: „So wahr mir Gott helfe“ - Obama interpretiert die Unabhängigkeitserklärung neu
- 24.1.09 - Michael Werz im Gespräch mit dem Historiker David Hollinger
- 23.1.09 - Michael Werz: Außenpolitik und Krieg: Ist Barack Obama ein „Obamacon“?
- 22.1.09 - Michael Werz: Barack Obama und die Erbschaft Abraham Lincolns
- 22.1.09 - Reinhard Bütikofer: Wie stark ist Obamas Mehrheit
- 21.1.09 - Reinhard Bütikofer: A Defining Moment - Barack Obamas Antrittsrede
- 19.1.09 - Reinhard Bütikofer: Ein politischer Feldgottesdienst ...
- 18.1.09 - Reinhard Bütikofer: „Ich hoffe das auch.“
- Ralf Fücks: Diary of Change: Ein Tagebuch zum Wechsel in Washington
- Dossier: Barack Obama - Im Westen was Neues